Von Akten und Mäusen ...
Der brandenburgische Regierungsrat Philipp Ernst Spieß konstatierte 1777 in seiner Abhandlung „Von Archiven“ unter anderem, daß in Archiven „alte halbvermoderte oder vom Ungeziefer zerfressene und besudelte Acten […] viel schädlichen Geruch verursachen“. Spieß wird vor allem an jene Ungeziefer gedacht haben, die auch die Archivale des Monats März in Mitleidenschaft gezogen haben, die Bürgermeisterrechnung der Gemeinde Huchenfeld aus dem Jahr 1807, also ein über 200 Jahre altes Stück.
Die Archivale wurde ausgewählt, um die Gefahren zu illustrieren, denen Archivgut ausgesetzt sein kann, in diesem Falle Mäusefraß. Glück im Unglück: Das Dokument ist fast nur am Rand beschädigt, so dass nicht allzu viel an Informationen verschwunden ist.
Schutz und der Erhalt von Archivgut sind eine zentrale Aufgabe aller Archive; die Restaurierung beschädigten Archivguts, die Entfernung von schädlichen Materialien, die Lagerung bei bestimmten klimatischen Bedingungen, regelmäßige Prüfung der Archivmagazine auf Schädlingsbefall sind in jedem Archiv selbstverständlich. Mäusefraß kommt auch heute noch vor allem im vorarchivischen Bereich vor, in den Archiven selbst sind es aber vor allem Kleinlebewesen wie Insekten, die das Archivgut bedrohen.
Die gefräßige Huchenfelder Maus entschied sich, um ihren Hunger zu stillen, für ein Amtsbuch: Die Huchenfelder Bürgermeisterrechnung verzeichnet die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde zwischen den Georgstagen 1807 und 1808. Sie ist vergleichbar mit den heutigen kommunalen Jahresrechnungen. Statt dem Jahreswechsel wie heutzutage war der Georgstag (Georgii, der 23. April) Stichtag. Der Band ist wie fast alles, was in Archivmagazinen lagert, ein Unikat; er wird deshalb alsbald restauriert werden und danach an seinen Standort zurückkehren. Gefahr von Mäusen wird ihm dort in Zukunft mit Sicherheit nicht mehr drohen.