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Brief von Christian Ferdinand Oechsle

Christian Ferdinand Oechsle zählt als Erfinder und „Mechanikus“ zu den herausragenden Persönlichkeiten, die den Namen von Pforzheim weit hinausgetragen und ihm einen guten Klang verliehen haben. In seiner Werkstatt in der Altstädter Kirchenweg stellte er über 500 verschiedene physikalische und chemische Präzisionsinstrumente her, die sich großer Nachfrage erfreuten. Zum Ausdruck kam dies durch zahlreiche Zeugnisse und Empfehlungen namhafter Universitäten und Hochschulen. Unvergessen bleibt auch seine „Oechslewaage“ zur Messung des Zuckergehalts des Weinmosts.

Unlängst konnte das Stadtarchiv einen handschriftlichen Brief vom 7. Januar 1838 erwerben, den Oechsle an den Karlsruher Münzrat Ludwig Kachel schrieb.

Er bittet Kachel zunächst um die postalische Übersendung von – offenbar geschuldeten – 96 Gulden und 48 Kreuzer, „denn zum Empfangen findet man zu jeder Stunde eine offene Hand nicht nur bei Mechanikern, sondern sogar bei Leviten und Priestern jeder Farbe und Ranges“. Danach antwortet Oechsle auf Kachels Bestellung „einer Wage mit einer Empfindlichkeit von 1 Centigramm“, die er in vier bis fünf Wochen liefern könne. Der Preis für das Gerät werde 80 Gulden betragen.

Zu Leben und Werk von Christian Ferdinand Oechsle erreichen das Stadtarchiv immer wieder Anfragen. Das Schriftstück wird zunächst restauriert und anschließend im Lesesaal zu besichtigen sein.

Transkription des Oechsle-Briefes

Schreibung und Interpunktion entsprechen der heutigen Rechtschreibung; Verschreibungen wurden stillschweigend korrigiert.                       

Erläuterungen:

f (Abkürzung für florin = Gulden)

dn (Abkürzung für denarius = Pfennig)

x (Abkürzung für Kreuzer)

Mark (Münzgewicht; die Kölner Mark hatte 234g)

Fuß (Längenmaß ca. 27,9 cm)

Bürette (Glasrohr mit Verschlusshahn)

 

Pforzheim 7. Jan[uar]: 1838.

                       

(Vermerke von anderer Hand:

(Eingangsvermerk:) N[ummer]o 18.

                               (Erledigungsvermerk:) 9.10 (unsichere Deutung) d[en]. 10 Jan[uar]. 96 f 48 d[e]n[arius]

zur Post)

 

 

Verehrtester Freund!

 

In freundschaftlicher Erwiderung Ihres Verehrt[lichen] [Schreibens] vom 5. d[ieses]. M[onats]. zeige ich Ihnen an, dass es mir angenehm wäre, wenn Sie fragliche

f 96.48 x p[er]. Post mir zugehen ließen, denn zum Empfangen

findet man zu jeder Stunde eine offene Hand nicht nur

bei Mechanikern, sondern sogar bei Leviten und Priestern

jeder Farbe und [jedes]Ranges.

Eine Waage von 2 (unsichere Lesart) Mark Tragkraft, mit einer Empfindlichkeit

von 1 Zentigramm, kann ich in Zeit von 4- höchstens 5 Wochen

liefern. Ein Glaskasten wird unerlässlich notwendig sein,

indem die Empfindlichkeit der Waage 1/50000 der Belastung beträgt,

also schon bedeutend ist. Der Preis einer solchen Waage ist 80 f.

Die Länge des Balkens dürfte nicht unter 1 F[u]ß. und die Weite

des Kastens nicht unter 1 ½ F[u]ß. sein.

Ferner wäre mir zu wissen nötig, ob die Bürette einen

Fuß hat und selbst stehet, oder ob an der einen Waagschale ein

Halter angebracht werden muss, der die Bürette aufrecht

erhält. Wollen Sie mir zu diesem Ende eine Zeichnung

in natürlicher Größe von der Bürette zugehen lassen?

Inzwischen empfiehlt sich auf das freundschaftlichste

 

                                                                       Ihr

                                                                       ergebenster Freund

                                                                       Ferd[inand]. Oechsle.