Zum Inhalt springen
  • Mäßiger Regen 8 °C
  • Kontrast
  • Leichte Sprache

Brief vom Nikolaus an Hermann und Rudolf Erpf, ca. 1897

Da werden Hermann und Rudolf Erpf große Augen gemacht haben: Ein Brief vom Nikolaus höchstpersönlich. Jedoch handelt es sich bei dem Nikolaus, der den Brief um 1897 verfasst hat, keineswegs um einen netten Zeitgenossen. Er droht den beiden Brüdern Prügel an, weil sie unartig gewesen seien. Nicht nur den kleineren Bruder Hans sollen sie geärgert haben, auch die schulischen Leistungen ließen zu wünschen übrig. Sollten die Jungen sich nicht bessern, würde der Nikolaus sogar die Geschenke beim Christkind wieder abbestellen, droht er. Auch könne die Mutter sich an ihn wenden – der Nikolaus verspricht, die zwei Jungen „wie die andern böhsen Buben in Pforzheim“ zu verprügeln, sollten sie sich trotz seiner Warnung nicht bessern.

Dieser Brief vom Ende des 19. Jahrhunderts gibt nicht nur Einblick in die Vorweihnachtszeit im Hause Erpf - er ist zugleich ein Dokument aus einer Zeit, in der Kinder noch als kleine Erwachsene galten. Die Entdeckung der Kindheit als eigene Phase der Entwicklung eines jungen Menschen befand sich an der Wende zum 20. Jahrhundert selbst noch in den Kinderschuhen. Und auch nachdem sich eine neue Sichtweise auf die Kinder entwickelt hatte, standen Zucht und Gehorsam – notfalls mit Schlägen durchgesetzt – noch lange an der Tagesordnung. Erst seit den 1970er Jahren gilt die Prügelstrafe in Europa in vielen Gesellschaftskreisen als ein barbarisches Überbleibsel aus vergangenen Zeiten.

 

< zurück