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Weik, August (SPD, DFG, Aktion Gitter)

August Weik, geboren am 18. September1887, ist Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG)*, ab 1929 SPD*-Stadtverordneter und ab 1930 auch 1. Vorsitzender des „Volkschors“, der von den Nationalsozialisten 1933 zwangsweise aufgelöst wird. Seine Frau Emilie und er haben zwei Kinder, die früh sterben. Nach dem Verbot der Friedensgesellschaft, der SPD und des Volkschors wird August Weik bespitzelt, verhört und mit Inhaftierung bedroht. Einmal muss er eine Geldstrafe bezahlen und es wird ihm untersagt, sich im Gesangsverein Eintracht-Frohsinn zu engagieren, in dem viele SängerInnen des verbotenen Volkschors Unterschlupf gefunden hatten.

Über das Attentat am 20. Juli 1944 notiert er: „Hätte dieses Attentat geglückt, dann wäre bestimmt unsere Vaterstadt von dem großen Leid verschont geblieben. Die wahnsinnigen Großsprecher um Hitler haben ja in die ganze Welt hinausposaunt 'Pforzheim, die Stadt der Zünder'. Braucht man sich da noch wundern, wenn unsere Feinde diese Stadt auslöschten, und das haben sie am 23. Februar 1945 aufs gründlichste getan“. Direkt nach dem Attentat am 20. Juli 1944 wird er auf Grund einer Denunziation für mehrere Tage ins Gefängnis gesperrt.

Vom 2. August bis zum 11. November 1944 ist er wie 14 weitere frühere SPD- bzw. KPD*-Stadtverordnete aus Pforzheim im Zuge der „Aktion Gitter“* im Konzentrationslager Dachau eingesperrt. Er schreibt in „Meine Lebensgeschichte“ über seine Zeit im Konzentrationslager Dachau:

Nachts sind wir in Dachau angekommen. In einem großen Brausebad, wahrscheinlich aber Vergasungshalle mit Züchtigungsvorrichtungen, mussten wir bis zum Morgen aushalten. Nach dem Antreten und Registrierung hieß es splitternackt ausziehen und alles abgeben... Die größte Erniedrigung und Gemeinheit war, dass jedem alle Haare geschert wurden - mit der Schere, wo zuvor einem das Geschlechtsteil geschoren wurde, kam der nächste mit dem Schurrbart dran. Am nächsten Morgen war Trauer, einer brachte die Nachricht, cirka 90 Häftlinge seien in der Kiesgrube erschossen worden. So gab's jeden Tag neue Parolen. Der Vergasungs- und Verbrennungsofen rauchte alle Tage zu jeder Zeit. Der doppelte Drahtzaun war mit elektrischem Strom geladen, außerdem bemannte Türme mit Maschinengewehren. Ein Entweichen der Häftlinge war unmöglich. Das Fressen, Essen konnte man nicht sagen, war fast jeden Tag das gleiche, und trotzdem rissen sich viele darum. TBC-Kranke gab's viele. Drei Wochen musste unser Transport in diesem schrecklichen Martyrium ausharren, bis er erlöst und entlassen wurde. Während der ganzen Haftzeit [bekamen, fehlt im Original] wir nie eine Erklärung, weshalb wir hier sind, auch nie eine Vernehmung. Nur bei der Entlassung bekamen wir von einem SS-Offizier die kategorischen Worte mit auf den Weg: 'Wer das Lager nicht mehr von innen sehen will, muss das Maul halten'. Ein nie gekanntes Gefühl überkam mich, als ich das schwere eiserne Tor hinter mir hatte. 'Frei sein', was man zu jener Zeit noch 'frei' nennen konnte...“.

Ende 1944 wird August Weik im Alter von 57 Jahren zur Wehrmacht gepresst. Früh aus sowjetischer Gefangenschaft heimgekehrt, wird er als bekannter Nazi-Gegner im August 1945 von der US-Militärregierung in den Stadtrat berufen, 1946 wird er nach 12 Jahren NS-Diktatur bei den ersten freien Wahlen auf der Liste der SPD zum Stadtrat gewählt.

Er stirbt 1966.


 

Quellen:

GLA KA 480 – 1409;

Weik, August, Meine Lebensgeschichte, Pforzheim, 1957, hrsg. von Brändle, Gerhard, Schmidt, Melanie, Pforzheim, 2011;

Rapp S. 622