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Herdecker, Alois (Gewerkschaft, SPD)

Alois Herdecker ist am 7. September 1873 in Oedheim/Hohenlohe geboren. Er ist gelernter Werkzeugmacher und arbeitete als Werkmeister bei der Landmaschinenfabrik Lanz in Mannheim. Er tritt dort dem Hirsch-Dunckerschen Gewerkverein* bei, einer kleinen Gewerkschaft, die den Liberalen nahesteht. 1900 wird er Bezirksleiter dieser Gewerkschaft. Seine Frau Barbara und er haben vier Kinder im Alter von 46, 39, 36 und 27 Jahren (Stand 1948). 1919 übernimmt er die Stelle als Gewerkschafts-Sekretär in Pforzheim, sein Büro befindet sich in der Holzgartenstraße 3 im Haus der Druckerei Layer. Er wird SPD*-Mitglied und wirkt ehrenamtlich als Schöffe bei Gericht. 1925 vertritt er die streikenden Arbeiter Pforzheims in einer Verhandlungskommission in Berlin.

1924 nimmt er als SPD-Mitglied an der Gründungsversammlung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold*, einer Vereinigung zum Schutz der Demokratie, im Saalbau teil. 1927 protestiert er als 2. Vorsitzender des Reichsbanners gegen ein Arbeitsbüro des rechtsstehenden nationalistischen Stahlhelms, das nur Nicht-Gewerkschaftern Arbeit vermittelt. An die Gründung der „Schutzformation“, einer Selbstschutzgruppe der Verteidiger der Republik, am 23. Februar1931 erinnert sich Karl Schroth - siehe dort: “Die Zeichen stehen auf Sturm. Krawalle und Zusammenstöße, durch die SA provoziert, mehren sich. Herdecker will gewappnet sein, um, wie er sagt, 'jeden Ansturm auf die Republik und ihre Verfassung abzuwehren'.“ Am 13. Februar1932 bei der Gründungsversammlung der “Eisernen Front“* gegen die Gefahr des Faschismus im Saalbau nimmt Herdecker nicht nur als SPD-Mitglied, sondern auch als Vertreter des Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereins teil. Über das Ziel der „Eisernen Front“ schreibt der Redakteur Lohmann in der SPD-Zeitung „Freie Presse“:„Für die Brandfackeln rechts sollen Wassereimer links bereitstehen“.

Hitler – das bedeutet Krieg“ ist er sich am 31. Januar1933 mit seinen SPD-Genossen in der Gaststätte Klostermühle einig. Der Krieg beginnt im Inneren: Im Frühjahr 1933 sperren ihn die Nazis in „Schutzhaft“*. Die Musikkapellen des Reichsbanners müssen Musikinstrumente abgeben. Mit Hausdurchsuchungen, willkürlichen Festnahmen, Schließung von Gaststätten, die als Treffpunkte der Arbeiterparteien und Gewerkschaften dienen, und Verschleppung von Oppositionellen in die rasch eingerichteten Konzentrationslager Heuberg beziehungsweise Kislau bei Bruchsal schüchtern die Nazis ihre Gegner ein.

Am 2. Mai 1933 stürmen SA-Männer das Büro des Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereins in der Holzgartenstraße, die Rollkommandos beschlagnahmen Bibliothek, Mobiliar und Schreibmaschine. Herdecker steht mit seiner Frau Barbara und vier Kindern auf der Straße. Die Bibliothek des Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereins wird wie die der freien Gewerkschaften am 17. Juni 1933 auf dem Marktplatz auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Herdecker wird 1938 zu Büroarbeiten, Botengänge und Werkzeugausgabe dienstverpflichtet, um ihm in Firmen der Schmuck- bzw, Uhrenindustrie den Einblick in die Umstellung auf Rüstungsproduktion zu verwehren.

Kurz vor seinem Tod sagt er zu seiner Familie: „Ihr geht schweren Zeiten entgegen“. Am 5. Februar 1943 stirbt er nach einer schweren Herzattacke im Städtischen Krankenhaus.


 

Quellen:

Kiefer, Irmentraud, Alois Herdecker: Er wollte für sein Vaterland eine Erhellung des Denkens – er starb in dunkler Zeit, Pforzheim, 1988 (unveröffentlichtes Manuskript);

GLA KA 480 – 1331;

Schroth;

DGB 2013