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Eine Entdeckungsreise ins Teenageralter der Bundesrepublik

Nachkriegsmoderne in Pforzheim

Nirgendwo könnte man eine architektonische Entdeckungsreise ins Teenageralter der Bundesrepublik besser antreten als in Pforzheim: bei einem Bummel durch die Innenstadt.

Scheinbar schwerelos schwebende Flugdächer geben den Gebäuden eine schwungvolle Note, Blumenfenster treten an den Fassaden hervor, Mosaike zieren als fröhlicher Schmuck Hauswände und Balkone und sind als golden schimmernde Mosaiksteinchen in der dunklen Naturfassade des Bahnhofs zu finden.

Am 23. Februar 1945 wurde die Pforzheimer Innenstadt komplett durch Bombenhagel und einen Feuersturm zerstört. Nach dem Krieg bot sich der Stadt die Chance zum Neuanfang. Nach Überwindung der Diktatur dominierte in den 50er Jahren der Wunsch nach Offenheit und Freiheit. Das zeigt sich in der Architektur in einer leichten und transparenten Bauweise, dem Einsatz von Glas und einer Lust an verschwenderischem Umgang mit Raum.

Architektur in Pforzheim

Eines der markantesten Beispiele nachkriegsdeutscher Verkehrsarchitektur ist das 1958 eingeweihte Empfangsgebäude des Pforzheimer Hauptbahnhofs. Mit großzügiger Glasfront und kühnem Schwebevordach, öffnet sich die Bahnhofshalle den Besucher*innen als elegantes Entree zur Innenstadt. In der Dämmerung wandelt sich die von Architekt Helmuth Conradi geschaffene Halle zu einem leuchtenden Körper.

International Beachtung findet bis heute das Reuchlinhaus im Stadtgarten. Manfred Lehmbruck, ein Schüler des Bauhauses und Sohn des bekannten Bildhauers Wilhelm Lehmbruck, schuf den völlig neuen Bautyp. Kontrastreiche Materialien und Lichtverhältnisse, Panoramascheiben und die frei schwingende Treppenspirale, in der sich der Charakter der Leichtigkeit zeigt, zeichnen den von Le Corbusier und Mies van der Rohe inspirierten Bau aus. Dem großzügigen Foyer sind vier pavillonartige Quader angegliedert. Sie beherbergen das Schmuckmuseum, den Kunstverein Pforzheim und ein Museumscafé.

Im Pforzheimer Stadtteil Brötzingen-Arlinger schuf der bekannte Architekt Egon Eiermann die Matthäuskirche, eine Inkunabel der Nachkriegsmoderne mit aus Trümmersplitt gegossenen, farbigen Betonwabensteinen. Das Motiv der aus Trümmersplitt hergestellten Betonwabensteine blieb in Eiermanns Werk singulär – trotz der formalen Nähe des nachfolgenden Neubaus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin.