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Viele Partner, ein Ziel: Enge Zusammenarbeit eindeutig erwünscht

Wahrlich „stürmische Zeiten“ nachempfinden durfte die Delegation beim Besuch der Gedenkstätte „Paneuropäisches Picknick“, die an die Öffnung des Eisernen Vorhangs am 19. August 1989 an der österreichisch-ungarischen Grenze bei Sopron erinnert: (von rechts) OB Peter Boch, Gudrun Augenstein, Max Barchet, Vizepräsident Ferenc Ivanics, Landrat Bastian Rosenau, Bürgermeister Michael Schmidt, Zeitzeuge Dr. László Nagy, Dóra Bettinger-Bognár, Präsident Zoltán Németh und Monika Finna.
(Von rechts) Landrat Rosenau und OB Boch wurden auf ihrer Stippvisite in das ungarische Partnerkomitat begleitet von Neulingens Schultes Michael Schmidt, Max Barchet von der Hochschule Pforzheim, der Enzkreispartnerschaftsbeauftragten Stefanie Frey, der DUG-Vorsitzenden Dóra Bettinger-Bognár, Pforzheims Partnerschaftsbeauftragten Monika Finna und der Sportkreisvorsitzenden Gudrun Augenstein. Auf der Fahrt von Györ nach Sopron konnten die Teilnehmer einen kurzen Blick auf das Schloss Esterházy in Fertöd erhaschen.
Interessante Einblicke bot die Universität von Györ: (vorne von rechts) Bürgermeister Michael Schmidt, Landrat Bastian Rosenau, Komitatspräsident Zoltán Németh,  OB Peter Boch, Dóra Bettinger-Bognár, Monika Finna, (hinten von rechts) Max Barchet, Prof. Dr. Sascha Seifert, Gudrun Augenstein und Stefanie Frey.

ENZKREIS/PFORZHEIM/GYÖR. Zusammen am Start: Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch und Enzkreis-Landrat Bastian Rosenau nutzten die Tatsache, dass beide das ungarische Komitat Györ-Moson-Sopron in ihrer Amtszeit noch nicht kennengelernt hatten, für einen gemeinsamen Antrittsbesuch in der Partnerregion. Wohl wissend, dass zu einer erfolgreichen Kommunalpartnerschaft viele Akteure gehören, hatten sie Vertreter mehrerer Institutionen eingeladen, sie auf der Reise nach Westungarn zu begleiten.

Zur Delegation gehörten daher sowohl die Vorsitzende der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft, Dóra Bettinger-Bognár, die dieses Amt seit 2017 innehat, als auch Professor Dr. Sascha Seifert und sein Kollege Max Barchet aus dem Fachgebiet Medizinische Informatik und Bioinformatik an der Hochschule Pforzheim. Die Universität von Györ hatte vor zwei Jahren begonnen, Kontakte zur hiesigen Hochschule zu knüpfen, und wünscht sich einen engen Austausch im Bereich der Medizintechnik. Außerdem an Bord war Neulingens Bürgermeister Michael Schmidt, der vor Ort seinen Amtskollegen aus der Partnergemeinde Győrújbarát traf, um sich zu möglichen Aktivitäten auszutauschen.

Und da der Sport immer ein geeignetes Medium ist, um Völkerverständigung zu praktizieren und Menschen zusammenzubringen, durfte auch Gudrun Augenstein als Vorsitzende des Sportkreises Pforzheim Enzkreis nicht fehlen. Komplettiert wurde die Runde von den beiden langjährigen Partnerschaftsbeauftragten von Stadt und Kreis, Monika Finna und Stefanie Frey: Sie werden die Ideen, die aus dem Besuch resultieren, künftig tatkräftig unterstützen.

Und davon gab es einige: Die Universität Györ zeigte sich sehr interessiert an gemeinsamen Projekten. Beide Hochschulen könnten davon profitieren, ist man sich einig. Die Ausstattung in Györ ist auf dem neusten Stand der Technik und lässt keine Wünsche offen, wie die deutschen Vertreter anerkennend feststellten, für die die Gastgeber in Teilen ein eigenes Besuchsprogramm auf die Beine gestellt hatten.

Nicht weniger interessant war für die Gäste aus Pforzheim und dem Enzkreis der Besuch des frisch renovierten und technisch hochmodernen Polizeipräsidiums in Györ, bei dem die beiden Verwaltungschefs Einblicke in den Fuhrpark und in die Aufgaben der dortigen Leitstelle bekamen.

Nicht nur Sportvertreterin Gudrun Augenstein bekam bei der Vorstellung des Sportparks von Györ, der drittgrößten Stadt Ungarns mit rund 130.000 Einwohnern, glänzende Augen: Anlässlich einer internationalen Jugendolympiade vor zwei Jahren hatte die ungarische Regierung gemeinsam mit der Stadt Sportstätten errichtet, die keinerlei Wünsche offen lassen. Inzwischen geben sich zahlreiche ausländische Nationalteams hier die Klinke in die Hand, da sie beste Trainingsbedingungen vorfinden. „Hier könnten sich sogar unsere Straubenhardter Bundesliga-Turner optimal auf internationale Wettkämpfe vorbereiten“, schwärmte Augenstein und sprach einer Leichtathletik-Trainerin spontan eine Einladung zum diesjährigen Cross-Lauf im Herbst in Huchenfeld aus.

Komitatspräsident Zoltán Németh berichtete der Delegation nicht ohne Stolz, wie diese Investitionen nicht nur dem Sport, sondern der gesamten Jugend im Umkreis zu Gute kommen: „Das bringt uns ein ganz frisches Image und damit einen deutlichen Aufschwung vor allem bei Wirtschaft und Tourismus.“ „Ein solcher Impuls könnte Pforzheim ebenso gut tun“, kommentierte der  OB diese Entwicklung anerkennend. In jedem Fall wäre eine Präsentation der ungarischen Partnerregion auf der Stuttgarter Touristikmesse CMT im Januar 2021 für Boch gut vorstellbar. In der Vergangenheit war dies bereits mit den Partnerstädten Osijek, Vicenza und zuletzt mit Gernika praktiziert worden. In Ungarn stieß er mit diesem Vorschlag auf offene Ohren. 

Dass es auch in Punkto Natur- und Klimaschutz durchaus gemeinsame Ziele gibt, bewiesen Treffen mit Vertretern des Nationalparks Neusiedler See und des geothermischen Kraftwerks in Böny, das den unweit gelegenen Audi-Werksstandort Györ energetisch versorgt.

Wie viele Gemeinsamkeiten Ungarn und Deutsche abseits der großen und nicht immer übereinstimmenden Politik besitzen und wie eng ihre jüngste Geschichte verknüpft ist, zeigte Dr. Lásló Nagy auf. Als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Paneuropäisches Picknick 1989 und Zeitzeuge der Öffnung des Eisernen Vorhangs an der österreichisch-ungarischen Grenze nahe Sopron nahm er die Delegation am dortigen Denkmal und beim anschließend Abschlussabend mit auf eine anschauliche Reise durch die bewegten und bewegenden Zeiten rund um den 19. August 1989, die letztlich zur Wiedervereinigung Deutschlands führten. Sichtlich begeistert von seinen eindrücklichen Schilderungen lud ihn Dóra Bettinger-Bognár umgehend zu einer Veranstaltung anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der DUG im November nach Pforzheim ein. „Unsere gemeinsame Geschichte ist in der Partnerregion an vielen Orten spürbar. Ich möchte das gerne vor allem für unsere junge Generation sichtbar machen, um ihr ein Stück Weltoffenheit mit auf den Weg zu geben“, erklärt die gebürtige Ungarin ihre Intention.

Landrat Bastian Rosenau kann sich umgekehrt gut vorstellen, dass das Partnerkomitat ein lohnendes Ziel  für die Schüler der Enzkreis-Berufsschulen sein könnte – schließlich ist an das Audi-Werk in Györ ein berufliches Gymnasium gekoppelt. „Ein Austausch wäre sicher für beide Seiten ebenso spannend und bereichernd, wie es der jetzige Besuch für uns war“, resümiert er und hofft, dass sich möglichst viele der angedachten Kooperationen auch in die Tat umsetzen lassen: „Damit die Partnerschaft in vielen Bereichen und von vielen Menschen gelebt werden kann – um ein deutliches Zeichen für ein gemeinsames Europa zu setzen vor allem in Zeiten, in denen der Wunsch nach starken Nationalstaaten wieder lauter wird.“