Die Stadt Pforzheim bemüht sich seit geraumer Zeit intensiv darum, Ärzte für ein mögliches Kommunales Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) zu gewinnen. Hintergrund ist die aktuell nach wie vor angespannte medizinische Versorgungssituation in der Stadt, insbesondere im Bereich der Kinder- und Allgemeinmedizin. Über den aktuellen Stand der Bemühungen berichteten Oberbürgermeister Peter Boch und Sozialbürgermeister Frank Fillbrunn daher jüngst den Fraktionsspitzen des Gemeinderats. Die Botschaft dabei war klar: „Es geht voran, auch wenn es noch komplexe rechtliche Fragestellungen zu klären gilt“, so der Oberbürgermeister. „Wir haben nicht zuletzt mit Unterstützung unseres externen Beraters Franz Markus Pusel gute und ernsthafte Gespräche mit Ärztinnen und Ärzten in der Stadt führen können.“ Der ein oder andere könne sich dabei einen Einstieg in ein Kommunales Medizinisches Versorgungszentrum vorstellen, auch aus dem kinderärztlichen Bereich. „Gleichzeitig gilt es, die mögliche Rechtsform eines Kommunalen Medizinischen Versorgungszentrums zu klären“, so der OB weiter. „Unser Ziel ist es, eine GmbH zu gründen und dafür eine Zulassung bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu beantragen.“ Auch sei man im Gespräch mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe, das die Gründung einer solchen GmbH genehmigen müsse. Am Ende entscheide der Gemeinderat. „Die notwendigen Schritte leiten wir jetzt ein.“
Sozialbürgermeister Frank Fillbrunn ergänzt: „Die Vorteile eines Kommunalen Medizinischen Versorgungszentrum können sich vor allen Dingen sukzessive im laufenden Betrieb entwickeln, indem nach und nach medizinisches Fachwissen und Ressourcen gebündelt werden und so eine bessere Koordination und Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen möglich ist.“ Auch ließen sich weitere medizinische Berufsgruppen, wie beispielsweise Hebammen oder Psychologen, mit einbinden. Darüber hinaus sorgt die Praxisorganisation als selbständige GmbH mit einem Geschäftsführer und mehreren medizinischen Fachangestellten für eine effiziente Ressourceneinteilung und damit für mehr Zeit der Ärzte zur Erbringung der eigentlichen medizinischen Leistung. Letztlich bietet ein Medizinisches Versorgungszentrum auch die Möglichkeit, über Teilzeitmodelle Ärztinnen und Ärzte – wieder oder noch – in Arbeit zu bringen oder in der Tätigkeit zu halten, die entweder aus familiären Gründen oder altersbedingt nur in einem reduzierten Umfang zur Verfügung stehen können oder möchten.
Mit dem Oberbürgermeister ist sich der Sozialbürgermeister einig, dass ein mögliches MVZ keineswegs als Konkurrenz zur niedergelassenen Ärzteschaft gesehen werden sollte, sondern als eine ergänzende Maßnahme zur Entlastung und Verbesserung der Gesundheitsversorgung in der Stadt: „Angesichts der verschlechterten kinderärztlichen Versorgungssituation und der bereits jetzt absehbaren Verschärfung in den kommenden Jahren besteht der Handlungsbedarf eindeutig“, so die beiden Bürgermeister.
Wie ist die aktuelle Situation der kinderärztlichen Versorgung in Pforzheim?
Mit 17 Prozent ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Pforzheim in den letzten zehn Jahren deutlich angestiegen, gleichzeitig hat sich die kinderärztliche Versorgungssituation verschlechtert. Zwar ist laut dem „Bericht zur kinder- und jugendärztlichen Versorgung in Pforzheim und dem Enzkreis“ des Gesundheitsamts Enzkreis, das auch für Pforzheim zuständig ist, die absolute Zahl der Ärztinnen und Ärzte in kinderärztlicher Versorgung seit 2018 leicht gestiegen, aber eine noch größere Zahl davon arbeitet mit reduziertem Zeitkontingent. Die Folge unter anderem: Die Anzahl ambulanter pädiatrischer Versorgungen in der Klinik steigt. Hinzu kommt, dass mehrere Kinderärzte bereits in wenigen Jahren in den Ruhestand gehen.
Seit wann können Kommunen Medizinische Versorgungszentren aufbauen?
Bereits vor einigen Jahren hat der Gesetzgeber mit dem Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) die Möglichkeit geschaffen, dass Kommunen als regelhaft zulässige Träger – gleichwertig zu Vertragsärzten, Kliniken und Dialyseträgern – ein MVZ betreiben können. Trotz dieser gesetzlichen Erleichterungen traten bundesweit bisher nur vereinzelt Kommunen als MVZ-Träger in Erscheinung. Dabei kann ein MVZ dort, wo es keine privatwirtschaftlichen Lösungen gibt, ein effizientes Mittel zur Bewältigung des Ärztemangels sein.
Wer unterstützt die Stadt bei ihrem Vorhaben?
Um bei dem Vorhaben voranzukommen, hat die Stadt Pforzheim sich bereits im Herbst 2023 externe Unterstützung in Form von Franz Markus Pusel geholt. Dieser verfügt über langjährige und umfangreiche Erfahrungen in der Gründung, Steuerung und dem Management von Medizinischen Versorgungszentren und ist Teilzeit-Geschäftsführer der MVZ Bad Säckingen GmbH.