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Umsetzung der Grundsteuerreform: Oberbürgermeister Peter Boch übt Kritik

Baden-Württemberg setzt als einziges Bundesland modifiziertes Bodenwertmodell um – Stadt hat keinen Einfluss auf Belastungsverschiebungen

Die Stadt Pforzheim wird im Hauptausschuss am 20. Juni und im Gemeinderat am 27. Juni über den aktuellen Stand der Umsetzung der Grundsteuerreform zum Januar 2025 informieren. Damit die neue Grundsteuer wie geplant erhoben werden kann, muss der Gemeinderat bis Herbst 2024 neue Hebesätze beschließen. Dabei soll deren Höhe für die Grundsteuer A und B jeweils aufkommensneutral gestaltet sein, so dass in Summe nicht mehr Grundsteuer eingenommen wird, als dies vor der Reform der Fall war. Das für 2023 im Haushaltsplan veranschlagte Volumen der Grundsteuer beträgt circa 29,4 Millionen Euro. Die alte Grundsteuer war im Jahr 2018 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft worden. Woraufhin der Bundesgesetzgeber eine Reform der Grundsteuer ab 2025 erlassen hat, die in Baden-Württemberg als einzigem Bundesland in Form des modifizierten Bodenwertmodells umgesetzt wird. Bewertungsgrundlage ist dabei einzig die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert. Der Gebäudewert wird im Südwesten bei der Berechnung der Grundsteuer außen vorgelassen. Dies führt aus Sicht von Oberbürgermeister Peter Boch und Finanzbürgermeister Dirk Büscher dazu, dass trotz Aufkommensneutralität mit besonders großen Belastungsverschiebungen der Grundsteuerzahlenden in Baden-Württemberg zu rechnen ist.

Der Rathauschef bedauert, dass gerade Besitzerinnen und Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern in der Regel mit einer starken Erhöhung der Grundsteuer rechnen müssen. Je älter das Gebäude und je größer das Grundstück sei, desto größer würde in der Regel die Erhöhung ausfallen. Dies werde auch nicht immer beziehungsweise nicht vollständig durch die um 30 Prozent reduzierte Steuermesszahl für Wohnzwecke aufgefangen. In Einzelfällen könnte die Mehrbelastung ein Zehnfaches betragen und mehrere tausend Euro pro Jahr ausmachen. „Als Stadt Pforzheim haben wir auf diese vom Land Baden-Württemberg gewollten Belastungsverschiebungen keinen Einfluss und auch keine Möglichkeit sie abzufangen oder zu entschärfen, wenn sich das Gesamtaufkommen aus der Grundsteuer nicht verringern soll und der neue Hebesatz auf dieser Grundlage berechnet wird“, so der OB weiter. Eine sehr deutliche Erhöhung der Grundsteuer wird sich auch für unbebaute Grundstücke ergeben. Aus diesem Grund schlägt die Stadtverwaltung dem Gemeinderat vor, auf die vom Land eingeräumte Möglichkeit zur Erhebung einer nochmals höheren Grundsteuer C für unbebaute, baureife Grundstücke zu verzichten. Ein Beschluss darüber könnte aber auch noch zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden.

Demgegenüber werden Gewerbegrundstücke und Eigentumswohnungen beziehungsweise Wohnkomplexe künftig eher begünstigt: Je neuer das Gebäude und je kleiner das Grundstück, desto stärker wird in der Regel die Reduzierung der Grundsteuer ausfallen. In der Vergangenheit fielen teilweise für Eigentumswohnungen höhere Grundsteuern an als für alte Einfamilienhäuser mit Garten.

Landesmodell Baden-Württemberg
Im modifizierten Bodenwertmodell des Landes Baden-Württemberg wird über die Finanzämter durch Multiplikation von Grundstücksfläche und Bodenrichtwert der Grundsteuerwert ermittelt. Dieser wiederum wird von den Finanzämtern multipliziert mit der vom Land Baden-Württemberg festgelegten Steuermesszahl, die grundsätzlich 1,3 Promille beträgt. Wird das Grundstück überwiegend zu Wohnzwecken genutzt, gilt darauf nochmals ein Abschlag von 30 Prozent. Es ergibt sich der Grundsteuermessbetrag, der, wie bisher auch, mit dem dann gültigen Hebesatz multipliziert wird und so die zu zahlende Grundsteuer pro Jahr ergibt. Einzig die Hebesätze für die Grundsteuern A und B liegen in der Entscheidungshoheit des Gemeinderats. Hierüber ist jedoch keine weitere Differenzierung möglich, da für die Grundsteuer A und B jeweils nur ein Hebesatz festgelegt werden kann, der dann für das gesamte Stadtgebiet und alle Objekte gilt. Zur Berechnung von aufkommensneutralen Hebesätzen benötigt die Stadtverwaltung die Grundsteuermessbeträge vom Finanzamt. Diese werden nicht vor Mitte 2024 in ausreichender Anzahl vorliegen. Ein Beschluss über die neuen Hebesätze kann im Gemeinderat dann voraussichtlich im Herbst 2024 erfolgen. Dementsprechend können Aussagen zur konkret ab dem Jahr 2025 zu zahlenden Grundsteuer erst getroffen werden, sobald die neuen Hebesetze Ende 2024 feststehen.