München ruft – und nahezu jede größere Stadt findet sich in der bayerischen Landeshauptstadt zu einem dreitägigen Gastspiel ein. Auch in diesem Jahr sind es wieder rund 40.000 Vertreterinnen und Vertreter der Immobilienwirtschaft, die der Messe EXPO REAL ihre hohe Bedeutung nicht zuletzt für Ansiedlungen und Bauprojekte im kommunalen Bereich verleihen. Die Fachmesse für Immobilien und Investitionen wurde am Mittwoch, 4. Oktober, zum 25. Mal eröffnet und ist für drei Tage auch für aktuelle Pforzheimer Projekte eine wichtige Plattform.
In bewährter Lage, unweit der Landeshauptstadt Stuttgart, neben Karlsruhe und vis-à-vis der Ruhrgebietsstädte präsentiert sich die Stadt Pforzheim, vertreten durch ihren Eigenbetrieb Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP), und zieht nach vielen Gesprächen ein Fazit des ersten Messetages.
„Mit Blick auf die schwierigen Rahmenbedingungen, die durch ein hohes Zinsniveau, drastische Baupreissteigerungen und eine hohe Inflationsrate geprägt sind, konnte ich in den letzten Tagen kaum einschätzen, wie sich das aktuelle Klima in der Immobilienwirtschaft auf die Messe und auf die an unserem Stand geführten Gespräche auswirken könnte“, fasst WSP-Chef Oliver Reitz seine Gefühlslage zusammen.
Doch habe ihn der bereits vor der Messe engstens durchgetaktete Terminkalender des WSP-Teams recht zuversichtlich gestimmt.
Klar erkennbar sei, dass viele Investorinnen und Investoren, Projektentwicklerinnen und -entwickler sowie Expansionsverantwortliche die Frage bewegt, welche Flächenpotenziale Pforzheim auf den Markt bringe könne, nachdem sich für ein Gewerbegebiet im Ochsenwäldle keine Realisierbarkeit abgezeichnet habe. „Wir gehen offen und ehrlich mit unseren knappen Flächenressourcen um und haben zumindest den Gewerbe- und Technologiepark PF8 im vierten Kleeblatt an der Autobahnanschlussstelle Pforzheim-Nord in der Pipeline und hier im Messegepäck“, so Reitz.
Das Aus der Klingel-Gruppe und mögliche Nachnutzungen der davon betroffenen Immobilien sei bei den Gesprächen am WSP-Stand ein großes Thema und „ein Beispiel dafür, dass wir seitens der Stadt sehr konsequent Einfluss auf die Inwertsetzung solcher Bestandsimmobilien nehmen müssen“. Bei den Standnachbarn der ‚Metropole Ruhr‘ seien im Jahr 2021 70 Prozent der Ansiedlungen – rund 145 Hektar – auf Brachflächen erfolgt. Dies sind für Reitz zwar „andere Dimensionen, aber hilfreiche Beispiele, auch wenn man in Pforzheim nicht auf größere Konversionsflächen und auf damit verbundene Fördermittel zurückgreifen kann, wie dies im Ruhrgebiet oder an vielen anderen Wirtschaftsstandorten der Fall ist“.
Auch in Pforzheim müsse man brachliegende Flächen reaktivieren und gegebenenfalls auch politische Lösungen herbeiführen. „Als Wirtschaftsförderer muss ich dafür plädieren, die Papierfabrik, die Bader-Immobilie im Brötzinger Tal oder auch den Alten Schlachthof als Gewerbeflächen zu reaktivieren“, bekräftigt Reitz. „In den letzten Jahren haben wir eine ganze Reihe von Unternehmen für Pforzheim gewinnen können. Dafür brauchen wir auch künftig das Handwerkszeug – dies ist und bleibt die Fläche.“
Am gesamten ersten Messetag war auch Oberbürgermeister Peter Boch vor Ort und eingebunden in zahlreiche Gespräche. Sein Augenmerk richtete sich vor allem auf die Zukunft der Immobilie der Kaufhof-Filiale.
„Es war mir wichtig, die persönlichen Gespräche mit denjenigen fortzuführen, die ein sehr ernsthaftes Interesse daran haben, die Kaufhof-Immobilie entweder in ihr Eigentum zu nehmen, im Sinne der Stadt zu entwickeln oder mit Leben zu füllen“, berichtet Boch und weist zugleich darauf hin, dass die Stadt auf die aktuell ‚heiße Phase‘ der Kaufpreisverhandlungen keinen unmittelbaren Einfluss habe.
Im ersten Resümee von Markus Epple, Leiter des WSP-Geschäftsbereiches Wirtschaftsförderung, bestätigen die auf der EXPO REAL geführten Gespräche die Wichtigkeit des neu gefassten Märkte- und Zentrenkonzept. „Wir haben sehr viel Aufwand betrieben, um das im Jahr 2010 beschlossene Märkte- und Zentrenkonzept für die Stadt Pforzheim komplett neu aufzusetzen und den aktuellen Gegebenheiten anzupassen“, unterstreicht Epple. Dies nehme man seitens der überregional agierenden Einzelhandelsbetriebe sehr wohlwollend an. „Bei allen Gesprächen hat die Verbindlichkeit der Stadt gegenüber den Entscheidungsträgern der privaten Wirtschaft einen hohen Stellenwert“, so Epple. „Unsere Konzepte finden große Akzeptanz und klären das Miteinander“. Epple bezieht dies sowohl auf das ‚gelebte‘ Gewerbeflächen- und Ansiedlungskonzept als auch auf das Märkte- und Zentrenkonzept, das am 10. Oktober durch den Gemeinderat zu beschließen ist.