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Prüfergebnisse zum Ochsenwäldle liegen vor: Artenschutzrechtliche Ausnahme nicht in Aussicht

Fokus nun ganz auf Innenentwicklung und die Aufwertung bestehender Gewerbegebiete – PF8 wird mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit weiter vorangetrieben

Die Prüfergebnisse zur Entwicklung eines möglichen Gewerbegebiets Ochsenwäldle liegen nun vor: Nach eingehender Untersuchung und Bewertung des Sachverhalts durch das von der Stadt Pforzheim beauftragte Büro bhm aus Bruchsal ist klar, dass eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für den Eingriff in das nachgewiesenermaßen artenreiche Fledermausvorkommen von der zuständigen Behörde nicht zu erwarten ist. Das Ochsenwäldle scheidet damit als Gebiet für eine künftige Gewerbeflächenentwicklung aus, weitere Untersuchungen und Prüfungen zum Areal erübrigen sich. Insbesondere ergab die Untersuchung, dass das vorhandene Ausgleichsflächenpotenzial im Stadt- und Staatswald unzureichend ist. Der Pforzheimer Wald besitzt insgesamt – wie auch das Ochsenwäldle selbst – bereits eine so hohe ökologische Wertigkeit, dass er kaum noch weiteres Aufwertungspotenzial aufweist.

Oberbürgermeister Peter Boch bedauert diese Entwicklung: „Für uns ergibt sich damit die große Problematik, dass – neben dem jetzt schwerpunktmäßig nachhaltig zu entwickelndem Gewerbegebiet PF8 – keine weitere größere Fläche mehr für eine gewerbliche Entwicklung in Frage kommt.“ Der Fokus müsse neben PF 8 nun auf die Innenentwicklung und die Aufwertung bestehender Gewerbegebiete gelegt werden. Für den Rathauschef steht das Prüfungsergebnis exemplarisch dafür, „wie schwierig und langwierig es geworden ist, große Projekte bei gleichzeitig vorgeschriebenen Prüfungs- und Planungsprozessen zu realisieren.“ Das Spannungsverhältnis zwischen den artenschutz- und umweltrechtlichen Belangen – in diesem Fall konkret dem Schutz gefährdeter Tierarten wie Fledermäusen – sowie den wirtschaftlichen Interessen stelle eine wachsende Herausforderung für den Wirtschaftsstandort Pforzheim und die Stadt dar. „Die Grundsatzproblematik, die für ganz Deutschland gilt und von einer Kommune allein nicht aufzulösen sein wird, birgt gerade für ansiedlungs- und erweiterungsinteressierte Unternehmen ein erhebliches Frustrationspotential.“

Bürgermeisterin Sibylle Schüssler ergänzt: „Aufgrund der Biodiversitätskrise und nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Klimawandels sind die Ergebnisse von uns nun so zu akzeptieren, wie sie sind. Die hohe Qualität unseres Pforzheimer Waldbestandes, die uns nochmals aufgezeigt wurde, ist sogar etwas, worauf wir stolz sein können und was uns hilft, die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen und dem immer fortschreitenden Verlust an Biodiversität in unserer Natur entgegenzusteuern. Zudem ist unser Wald ein viel genutzter Naherholungsort für die Menschen in Pforzheim und wichtig für die Sicherstellung der Eigenwasserversorgung von Pforzheim.“ Mit Oberbürgermeister Boch ist sie sich einig, dass es richtig ist, bei der der Entwicklung von PF8 ganz auf Nachhaltigkeit zu setzen, um die dort verfügbaren Flächen möglich effizient auszunutzen.

WSP-Direktor Oliver Reitz sieht neben Maßnahmen der Innenentwicklung - von der Nachverdichtung bis zur Arrondierung bestehender Gewerbegebiete – nun auch einen maßgeblichen Schwerpunkt im Erwerb bestehender Gewerbeareale, „auch wenn das Potenzial leider sehr begrenzt“ sei. „Im Sinne einer verstärkten aktiven Gewerbeflächenbevorratung seitens der Stadt müssen wir uns mit dem Gemeinderat dann auch über ausreichend Mittel verständigen“, so Reitz weiter. „Gerade auf den Gewerbeflächen wird ein erheblicher Beitrag zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt, zur Wertschöpfung und zum Gewerbesteueraufkommen in Pforzheim geleistet“, betont der WSP-Leiter. Wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigtenzuwachs seien fast immer mit einer Flächennachfrage seitens der Unternehmen verbunden. Die Stadt Pforzheim wird sich daher weiterhin für eine nachhaltige und bedarfsorientierte Standortentwicklung einsetzen und die Unternehmen in ihrem Wachstum durch eine vorausschauende und verlässliche Begleitung von Ansiedlungs- und Erweiterungsvorhaben unterstützen. Die vor der Corona-Pandemie aktualisierte Gewerbeflächenbedarfsanalyse sei nach wie vor in ihren Aussagen gültig. „Etliche Flächenanfragen der letzten Monate bestätigen unsere bereits vor einigen Jahren vorgestellten Prognosen“, so Reitz, der sich erfreut zeigt, dass Pforzheim nach wie vor ein attraktiver Gewerbestandort und entsprechend nachgefragt sei.

Hintergrund
Im November 2020 hatte der Gemeinderat die Verwaltung beauftragt, die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Entwicklung eines Gewerbegebietes Ochsenwäldle zu ermitteln. Als entscheidende Fragestellung galt es zunächst zu überprüfen, ob die für eine mögliche Entwicklung notwendige Erteilung der artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung gemäß Bundesnaturschutzgesetz für den Eingriff in das Fledermausvorkommen von der zuständigen Behörde, dem Regierungspräsidium Karlsruhe in Aussicht gestellt werden kann. Die Verwaltung hat sich daher zunächst auf die Klärung dieses Sachverhaltes Fragestellung fokussiert. Wegen der Relevanz der Fragestellung waren die Untere Naturschutzbehörde beim Amt für Umweltschutz und die für die Ausnahmegenehmigung zuständige Höhere Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Karlsruhe eng in die Formulierung der Aufgabenstellung für das Vergabeverfahren eigebunden. Mit dem Büro bhm aus Bruchsal wurde dann ein auf diesem Fachgebiet erfahrenes Büro beauftragt. Dieses führt in seinem Bericht aus, dass als Ausgleichsmaßnahme für den Eingriff in die Fledermausvorkommen vorrangig ein Umbau von Nadelholzbeständen in Frage kommt. Solche existieren jedoch in der weiteren Umgebung des Ochsenwäldles nur noch kleinflächig und unterliegen derzeit aufgrund des Klimawandels sowieso einem starken Wandel. Sie stehen daher perspektivisch als potenzielle Ausgleichsflächen nicht mehr zur Verfügung.