Fußball ist ein Massenphänomen, ein Spiel, das die Menschen auf verschiedenen Kontinenten bewegt und elektrisiert. Für viele Fans ist das Spiel eine große Leidenschaft und wird manchmal sogar mit einer Religion gleichgesetzt. Fußballspielerinnen und -spieler oder Trainerinnen und Trainer sind die Idole vieler Menschen weltweit. Der Sport ist mit vielen Bereichen der Gesellschaft eng verflochten und wirkt daher oft wie ein Spiegel der Gesellschaft. Immer wieder ist Fußball Ausgangspunkt für gesellschaftliche Diskurse, etwa über die Vermarktung und Kommerzialisierung des Sports, Diversität oder die Verletzung von Menschenrechten rund um die Fußballweltmeisterschaft Ende 2022 in dem Wüstenstaat Katar.
Die Ausstellung „Die Hand Gottes“ vom 8. Oktober bis 4. Dezember im A.K.T; in Pforzheim reflektiert das Fußballspiel, welches Millionen von Menschen begeistert und Kulturen zusammenbringt und gleichermaßen von der Politik positiv wie negativ als Stimmungsmacher genutzt wird. In einer Atmosphäre wie auf einem Spielfeld, mit echtem Rasen, immer wieder unterbrochen durch Spielfeld-Elemente wie Tore oder Strafbänke, lädt die Ausstellung die Besucherinnen und Besucher ein, sich mit den verschiedenen Aspekten des Phänomens Fußball auseinanderzusetzen.
„Die Ausstellung macht deutlich, in wie vielen unterschiedlichen Bereichen unserer Gesellschaft dieser Sport eine Rolle spielt, zeigt aber auch dessen Ambivalenz zwischen Begeisterung, Identitätsbildung und Fankult und den negativen Aspekten wie Korruption, Menschenrechtsverletzung oder Rassismus“, erklärt Janusz Czech, künstlerischer Leiter des A.K.T;.
Wie kein anderes Lied zeigt etwa „You´ll never walk alone“ die weltweite Begeisterung für Fußball: In Stadien auf der ganzen Welt wird es von Fans unterschiedlicher Vereine gesungen und wurde zur Hymne des Fußballs. Der Film „You´ll never walk alone. Geschichte eines Songs“ von André Schäfer geht auf die Suche nach den Ursprüngen des Liedes und erzählt, wie es den Weg in die Fußballstadien fand.
Wie sehr Fußball auch zur Identitätsbildung beiträgt und wie tief er im Lebensalltag vieler Menschen verwurzelt ist, macht der Dokumentarfilm „ultrASLAN-AVRUPA“ von Ümit Uludağ deutlich. Der Regisseur begleitet drei führende Mitglieder einer der größten Fan-Gruppierungen im internationalen Fußball, ultrAslan, die ihr ganzes Leben dem Verein widmen und so einen ganz eigenen Mikrokosmos bilden. Der Film begleitet die Protagonisten nicht nur bei Spielen, sondern auch in ihrem Alltag und gibt so einen Einblick in eine türkisch-deutsche Subkultur, erzählt von Männerbünden, Ritualen und Solidarität und setzt sich mit Fragen zu Migration und Integration auseinander.
Er gilt als einer der besten Fußballspieler der Welt, und wird in seiner Heimat Argentinien wie eine Religionsfigur verehrt: Diego Maradona. Legendär ist sein Handspiel während der Weltmeisterschaft 1986, das als „die Hand Gottes“ in die Fußballgeschichte einging. Fotografien der Regisseurin Yulia Lokshina zeigen einige von zahlreichen Wandmalereien von Diego Maradona, die überall in Buenos Aires zu finden sind und an den Nationalhelden erinnern. Im Film „Maradona, der Goldjunge“ zeigt Jean-Christoph Rose aber auch die andere Seite des Fußballstars, der 1994 wegen Dopings gesperrt wurde und sich in Drogenskandale verwickelt, bevor er 1997 seine Fußballkarriere beendete.
Was für die einen Identität, Zusammenhalt, Begeisterung und Hingabe bedeutet, steht auf der anderen Seite in Zusammenhang mit Korruption, politischer Einflussnahme und massiven Menschenrechtsverletzungen. Die Schattenseiten des Fußballs werden aktuell nirgendwo deutlicher als bei den Umständen der Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar. Bereits die Vergabe der WM war von Korruptionsskandalen geprägt, es folgten zahlreiche Berichte über Menschenrechtsverletzungen und Arbeiterinnen und Arbeiter, die beim Bau der Stadien ihr Leben verloren.
Diesen Menschen geben die „Cards of Qatar“ ein Gesicht. Im Stil von offiziellen Sammelkarten zeigen die Magazine „11Freunde“ und „BLANKSPOT“ mit Einverständnis der Angehörigen Bilder und Schicksale von Arbeitsmigrantinnen und Migranten, die in prekären Verhältnissen lebten, von ihren Arbeitgebern abhängig waren und schließlich ums Leben kamen. Auch der Fotograf Mohamed Badarne widmet sich in seinem Projekt „The Forgotten Team“ den Arbeiterinnen und Arbeitern. Über fünf Jahre hinweg besuchte er Arbeitsmigrantinnen und -migranten in Katar und in ihrer Heimat, zeigt ihre Lebens- und Arbeitsumstände und erzählt ihre Geschichten.
Doch auch andere gesellschaftliche Fragen geraten durch den Fußball in das öffentliche Blickfeld. Im Dokumentarfilm „Schwarze Adler“ von Torsten Körner etwa kommen schwarze Fußballspielerinnen und -spieler zu Wort, die in Deutschland mit Rassismus konfrontiert wurden. Gelareh Kiazand portraitiert in „Frauenfußball in Kabul – Ein Tor für die Freiheit“ die Trainerin und ehemalige Fußballnationalspielerin Afghanistans Madina Azizi, die trotz der schwierigen Umstände für den Frauenfußball und gegen patriarchale Strukturen kämpft.
In vielen Ländern wird der Fußball zudem als politisches Instrument genutzt, im positiven wie negativen Sinne. Einblicke zeigt dazu der Journalist und Autor Ronny Blaschke, der in verschiedenen Ländern zu den Themen Gewalt, Diskriminierung und Geopolitik im Sport recherchierte. Wie Fußballspielerinnen und -spieler selbst zu politischen und gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren werden, zeigt das Projekt „Football Rebels“ von Gilles Perez und Gilles Rof: Es erzählt die Geschichten von fünf Fußballspielern, die ihre Stellung nutzen um gegen das Regime ihres Landes zu protestieren oder sich für wohltätige Zwecke einzusetzen.
„Die Hand Gottes“
8. Oktober bis 4. Dezember 2022
A.K.T;
Theaterstraße 21
75175 Pforzheim
Öffnungszeiten:
Donnerstag bis Samstag 15 – 19 Uhr
Sonntag 11 – 19 Uhr
Sonderöffnungszeiten und Führungen für Schulklassen auf Anfrage an info(at)akate.de
A.K.T;
Der A.K.T; ist ein Ort für gesellschaftliche Diskurse und ein interdisziplinäres Labor der Zukunft. Aktuelle Fragestellungen werden im A.K.T; aus dem Blickwinkel des Designs und der Kunst beleuchtet und die gesellschaftliche Relevanz von Kunst und Design sichtbar gemacht. Neben regelmäßigen Ausstellungen erforschen Studierende des Masterstudiengangs Design & Future Making der Hochschule Pforzheim im MADLAB Zukunftsfragen. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss ist das Café Roland beheimatet.
Künstlerische Leitung: Janusz Czech, Lisa Schlenker (Assistenz)