Die Stadt Pforzheim prüft neue Wege bei Bau, Sanierung und Betrieb von Schulen. Dazu sollen im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsanalyse alternative Organisationsmodelle – insbesondere das sogenannte „Mannheimer Modell“ – ergebnisoffen untersucht werden. Der Gemeinderat wird in seiner Sitzung am 28. Juni über die finanziellen Mittel für die dafür notwendige externe Vergabe in Höhe von 150.000 Euro entscheiden. Hintergrund ist, dass sich die Stadt Pforzheim im Rahmen ihres Projekts „Strategische Haushaltskonsolidierung“ unter anderem mit den in der Vergangenheit geplanten Investitionen und ihren Umsetzungen beschäftigt und dabei Verbesserungsbedarf festgestellt hat. Ein wesentliches Ergebnis: Die Umsetzung geplanter (Bau)-Vorhaben dauert zum Teil sehr lange und überschreitet regelmäßig die geplanten Zeitläufe. Die Gründe hierfür sind vielfältig; einer dürfte aber in einem gewissen Missverhältnis zwischen der Zahl der geplanten Vorhaben und dem, was das vorhandene Personal leisten kann, bestehen. „Folgerichtigerweise haben wir uns angeschaut, wie in anderen Städten mit diesem Problem umgegangen wird“, hebt Oberbürgermeister Peter Boch hervor. Dabei sei man auf das „Mannheimer Modell“ gestoßen.
„Mannheimer Modell“
Doch wie sieht dieses aus? Die Stadt Mannheim hat eine Tochtergesellschaft gegründet – angesiedelt bei der Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft, mit dem Unternehmenszweck, Bauten, die dem kommunalen Zweck dienen, zu sanieren, zu planen, zu bauen, zu finanzieren, instandzuhalten und zu bewirtschaften. Seither werden von der Gesellschaft Neubau- und Sanierungsmaßnahmen von Schulen im Auftrag der Stadt durchgeführt. Aber auch der Betrieb von bestehenden Schulen ist sukzessive an die Tochtergesellschaft übergegangen. Natürlich hat sich die Stadt Pforzheim auch mit den möglichen Vor- und Nachteilen dieses Modells auseinandergesetzt: „Der wesentliche Vorteil liegt darin, dass wir es nicht mit einem fremden Betreiber im Sinne eines PPP-Projekts zu tun haben, sondern mit einer städtischen Gesellschaft oder einem Eigenbetrieb“, fasst der Oberbürgermeister zusammen. „Die Verantwortlichen in Mannheim berichten davon, dass es gelungen ist, Vorhaben tatsächlich schneller umzusetzen und dadurch auch die Zufriedenheit der Schulen mit der Projektabwicklung zu steigern.“ Gleichzeitig gebe es für die Gebäudeunterhaltung vertraglich vereinbarte Grundlagen.
„Vordringliche Probleme wie den Abbau des Sanierungsstaus und Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung könnten im besten Fall über ein solches Modell gemildert werden, so wie es in Mannheim gelungen ist“, so der OB weiter. „Ziel ist es, bei den dringend benötigten Schulsanierungen noch schneller voranzukommen – eine für uns ja ganz wichtige gesamtstädtische Priorität.“ Dabei sei die verwaltungsinterne Ersteinschätzung natürlich noch nicht als Vorentscheidung zugunsten des „Mannheimer Modells“ zu sehen. Auch sei damit keinerlei Kritik an den jetzt verantwortlichen Fachämtern verbunden. Im Gegenteil: Es werde Druck von den Mitarbeitenden genommen, während gleichzeitig mehr Kapazitäten für andere, ebenfalls wichtige Bauprojekte frei würden.
Eine Entscheidung kann allerdings erst auf Basis einer umfassenden Wirtschaftlichkeitsanalyse getroffen werden. Da es sich um komplexe Fragestellungen handelt, empfiehlt die Verwaltung diese Analyse an einen mit entsprechendem fachlichem Know-how ausgestatteten externen Berater zu vergeben. Dabei soll die Untersuchung drei verschiedene Varianten auf Basis geeigneter dynamischer Berechnungsmethoden über einen langfristigen Betrachtungszeitraum miteinander vergleichen: die Aufgabenwahrnehmung wie bisher (Status quo), die Aufgabenwahrnehmung im Eigenbetrieb und durch ein Tochterunternehmen der Stadt. Neben steuerlichen Auswirkungen sollen in der Untersuchung auch sonstige rechtliche Aspekte sowie qualitative Faktoren wie Personalgewinnung, Qualitätsstandards und Nutzerzufriedenheit berücksichtigt werden. Zudem sollen sowohl eine Risiko- als auch eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt werden. Die Vergabe soll anhand einer Verhandlungsvergabe mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb erfolgen.
„Die weitere Prüfung erfolgt dabei selbstverständlich ergebnisoffen und die Verwaltung wird dem Gemeinderat eine Umsetzung nur dann vorschlagen, wenn mit dem Modell unter Abwägung aller Vor- und Nachteile insgesamt ein nachhaltiger Mehrwert für die Stadt Pforzheim verbunden ist“, heißt es in der entsprechenden Gemeinderatsvorlage weiter.
„Strategische Haushaltskonsolidierung“
Parallel dazu setzt die Stadt Pforzheim ihr Projekt der „strategischen Haushaltskonsolidierung“ fort und informiert den Gemeinderat über den aktuellen Stand. „Insbesondere aufgrund der aktuellen geopolitischen und gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen aber auch lokaler Gegebenheiten müssen wir davon ausgehen, dass die guten Ergebnisse der letzten Jahre in absehbarer Zukunft nicht mehr zu erreichen sein werden“, führt der Finanzdezernent, Erster Bürgermeister Dirk Büscher, aus. Bereits die Aufstellung des nächsten Doppelhaushalts inklusive Finanzplanung werde mit erheblichen Risiken verbunden sein. Daher rücke erneut das Thema der Haushaltskonsolidierung in den Fokus. Da wir im Vorfeld der Aufstellung des Doppelhaushalts 2024/2025 eine weitere klassische Haushaltskonsolidierung vermeiden wollen, liegen unsere Erwartungen eher auf einer weiteren Optimierung unserer Leistungserstellung in besonders ressourcenintensiven Bereichen verbunden mit einer Aufgabenkritik. „Diese soll u.a. durch die Vergabe von Organisations- bzw. Untersuchungs- oder Beratungsaufträgen, wie u.a. die zum ‚Mannheimer Modell‘, erfolgen, auch wenn letzteres durch den Abbau des Sanierungsstaus vermutlich zu höheren Haushaltsbelastungen führen wird“, so der Erste Bürgermeister abschließend.