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„Was wäre, wenn ...ab morgen keine Öl- und Erdgaskessel mehr neu installiert oder erneuert werden dürften?“

Mit der Beitragsreihe „Was wäre, wenn …“ lädt die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) zu einem visionären Gedankenspiel ein. Nach ihren Ideen gefragt werden Fachleute, aber auch all die Expertinnen und Experten, die freiwillig für den Klimaschutz aktiv sind oder es aus beruflichen Gründen sein müssen und wollen.

Eine wichtige Botschaft der Beitragsreihe „Was wäre, wenn …“ ist: Klimaschutz bedeutet nicht per se Verzicht. Nachhaltigkeit und Suffizienz bergen sehr viel – neue – Lebensqualität.

Wärmenetze übernehmen dann einen großen Teil der Wärmeversorgung in unserer Stadt. Das bietet jede Menge Komfort für die Bürgerinnen und Bürger: Sie müssen sich nicht mehr alle selbst um die richtige Heizung kümmern. Stattdessen übernimmt die Kommune die Arbeit: Sie verlegt die nötigen Anschlüsse bis ans Grundstück und garantiert die Versorgungssicherheit. Wer ein Haus besitzt, muss nur noch die passende Hausübergabestation installieren und profitiert direkt von der gemeinschaftlichen Wärmeversorgung. Und am Ende bleibt die Luft sauber im Quartier.

Wo keine städtischen Wärmenetze verlegt werden können, werden mehrere Häuser zu einem Verbund zusammengeschlossen und aus einer kleinen Energiezentrale gemeinsam versorgt. Das ist beispielweise eine strombetriebene Großwärmepumpe, die sich Umweltwärme zu Nutzen macht. Alternativ kann auch wieder eine Einzelheizung installiert werden, allerdings handelt es sich dabei dann um kleine Wärmepumpen. Die Energie dafür kommt direkt von der eigenen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach.

Die Bürgerschaft kann weiter auf das Beratungsangebot ihrer Kommune vertrauen. Sie bietet neutrale Unterstützung und kennt gute Beispiele aus der Praxis. Große Zähler im Rathaus zeigen an, wie viel CO2 die Kommune im Zuge der Umsetzung der Wärmeplanung einspart. Zahlreiche bereits umgesetzte Beispiele liefern Ideen und bieten Ansatzpunkte für das Beratungsgespräch.

Die Kommune übernimmt weiter Verantwortung und treibt die nachhaltige Entwicklung der Stadt – unter den Aspekten Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit voran. Sie gibt Impulse, verknüpft lokale Akteure und wird ihrem Gestaltungauftrag gerecht.

Die Wärmeerzeugung für die Netze erfolgt in Quartierszentralen mitten in der Stadt, um Transportverluste möglichst gering zu halten. An allen Gebäuden zeugen Solaranlagen auf dem Dach von der klimaneutralen Wärme- und Stromversorgung. Auch an vielen Fassaden sieht man PV-Module. Auf den Straßen wird für die Zukunft gebaut: In den nächsten Jahren weisen Tiefbaustellen auf den weiteren Ausbau der Wärmenetze hin. Wo immer neue Gebiete erschlossen werden müssen, wird auf eine nachhaltige Bauweise und das Prinzip der kurzen Wege geachtet.

Was alle Optionen verbindet, ist ihre Unabhängigkeit von steigenden Heizöl- und Erdgaspreisen. Das sorgt für Sicherheit, spart jede Menge Geld und freut das Klima.

 

Hermann Dannecker,
Architekt, Gründungsmitglied und Vorstand des Deutschen Energieberater-Netzwerks e.V.

Die Wärmeversorgung ohne Öl und Gas wird zu großen Teilen durch strombetriebene Wärmepumpen gewährleistet. Ergänzend kommen Fernwärme und Pellets zum Einsatz, Letztere aufgrund der zusätzlichen Feinstaubbelastung hauptsächlich in ländlicheren Regionen. Egal, ob Stadt oder Land – die Dächer von Wohnhäusern und Industrieanlagen sind fast flächendeckend mit Solaranlagen ausgestattet. Während Solarthermie-Anlagen die Warmwasserversorgung übernehmen, produzieren Photovoltaik-Anlagen Strom für die Wärmepumpen oder auch für Elektroautos. Überschüssiger Strom landet im hauseigenen Speicher.

Die Einfamilienhäuser sind in ihrer Stromversorgung bis zu 80 Prozent autark. Nur kleine Mengen müssen im Winter zugekauft werden. Bei Mehrfamilienhäusern ist die Dachfläche nicht groß genug für die benötigte Strommenge. Um ihren Bedarf zu decken, findet ein Energieaustausch mit größeren Erzeugern wie Industrieanlagen in der Nähe statt.

Photovoltaik-Module, die Ziegel auf Dächern komplett ersetzen und so ganze Dachflächen einnehmen können, werden mit Nachdruck erforscht und getestet. Auch an Fassaden kommen vermehrt Photovoltaik-Anlagen zum Einsatz. Eigens produzierter Strom schafft Unabhängigkeit von den steigenden Preisen fossiler Energieträger für die Bürgerschaft. Gleichzeitig haben sie als „Prosumer“ stets den Überblick über ihre Erzeugung, Verbräuche und die deutlich geringeren Kosten für den Anteil an zugekauftem Strom. Böse Überraschungen mit hohen Abschlagszahlungen gehören ebenso der Vergangenheit an, wie der Kauf von Öl auf Vorrat.

Durch den Wegfall von Öl- und Gasheizungen ist Heizen nicht mehr klimaschädlich. Die Ausgaben fürs Heizen sind gering, das Mikroklima wird besser und die Lebensqualität wurde verbessert. Schwefelsäure, Feinstaub oder lungenschädliche Gase geraten höchstens noch in minimalem Umfang in die eigene Wohnumgebung und in Treppenhäusern riecht es nicht mehr nach Heizöl. Im Stadtgebiet sind zudem vielerorts Dach- und Fassadenbegrünungen zu sehen. Sie sehen nicht nur schön aus, sondern tragen ihren Teil zu einer guten Luftqualität und damit der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger bei.

Bei Sanierungen ist es das oberste Ziel, den Energiebedarf konsequent zu mindern und damit den Einsatz von erneuerbaren Energien zu vereinfachen. Die meisten Häuser werden entsprechend auf die Effizienzhausstandards 55 oder 40 saniert. Dabei müssen nicht alle Maßnahmen auf einmal realisiert werden. Sie werden eines ganzheitlichen, individuellen Sanierungsfahrplans nach und nach umgesetzt.

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