15 Künstler präsentieren im Stadtlabor, im Herzen der Stadt Pforzheim, eine breite Palette unterschiedlicher Ausdrucksformen von Urban Art. Wochenlang erklären sie die Innenstadt zur Kunstzone und laden ein zu Begegnung und Austausch. Die Ausstellung im Stadtlabor der Stadt Pforzheim zeigt Werke von:
ALIAS – Jens Andres – Thomas Baumgärtel - Patrizia Casagranda – Force Majeure – KAMELOGANA – Jeroo – KEF! - Katharina Krenkel – Simon Pfeffel – SIGN – Van Ray – Konstantin Silvester Voit – Kwanho Yuh – zir0
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Urban Art und Street Art gehören längst zum Kanon der zeitgenössischen Kunst. Als Kunstäußerungen im öffentlichen Raum, an Fassaden, Wänden, auf Trafokästen und Mülltonnen sind sie aus dem Schatten subversiver und illegaler Vorstadtkunst herausgetreten. In zahlreichen Metropolen und Städten sind sie zum regelrechten Blickfang geworden mit hoher Relevanz für das Stadtmarketing.
Urban Art ist ein Sammelbegriff für unterschiedlichste künstlerische Ausdrucksformen und Eingriffe im Stadtraum: Graffiti wurzelt als jugendaffine, subkulturelle Spielart öffentlicher Kunst in benachteiligten no go Areas. Seine meist jugendlichen und anonymen „Verfasser“ konzentrieren sich auf das „Writing“, also das Arbeiten mit Buchstaben, mit Schrift. Subkulturen haben oft eine eigene Sprache, mit der sich ihre Mitglieder ganz bewusst von anderen Milieus abgrenzen. Das Kunstwerk wird in diesem Kontext als „Piece“ bezeichnet, das aus Stencils (Schablonen), Tags (Signaturkürzel), Writings (Name als Basis) und Outlines (Konturen) besteht oder damit entstanden ist. Der öffentliche Ort eines solchen Piece ist in diesem Duktus der „Spot“. Demgegenüber feiert in der Streetart das Bild seinen Siegeszug: abstrakt, ornamental, naturalistisch, gegenständlich oder figürlich, gemalt, gefließt, mit Schablonen hergestelllt. Stilistisch und technisch ist vieles möglich.
Gemeinsam ist allen Ausdrucksformen von Urban Art, dass sie auf ihr urbanes Umfeld reagieren, es gelegentlich außer Kraft setzen oder sich darin einnisten. Dabei ist die Bildsprache der Comics ein beliebter Fundus, aus dem geschöpft, der zitiert, verfremdet oder karikiert wird. Indem Urban Artists bekannte Zeichen verfremden, halten sie den Menschen einen Spiegel ihrer selbst vor. Urban Art kommentiert unsere Gesellschaft und damit Werbung, Konsum, unsere Lebensart und die Alltagsdinge, mit denen wir uns umgeben, auf ironische Art. Sie verfremdet mit künstlerischen Interventionen die städtische Kulisse und macht dabei auch vor ungewöhnlichen Bildgründen nicht halt. Zwischenzeitlich drängen aber auch performative Elemente in den öffentlichen Außenraum, greifen bewusst in seinen Rhythmus, die Notwendigkeiten und Reglementierungen ein, setzen diese willentlich außer Kraft und regen damit zum Nachdenken über den Ort an, an dem sich der Passant gerade aufhält.
Urban Art im geschlossen Raum? Eigentlich ein Paradoxon, das indes deutlich macht, wie eine einst im Untergrund angesiedelte Bewegung zwischenzeitlich in den Musentempeln der Hochkultur angekommen ist. Und gleichzeitig noch immer mit skeptischer Ablehnung bedacht und als Verschandelung und Sachbeschädigung polizeilich verfolgt wird.
ALIAS
ALIAS (Michael Fabel, *1980), lebt und arbeitet in Berlin.
Seine von Hand geschnittenen Schablonen zeigen häufig Personen in emotional aufgeladenen Zuständen. Im öffentlichen Raum wählt ALIAS die Orte für seine Arbeiten sehr bewusst aus, weshalb die volle Wirkung seiner Motive oft erst durch deren Platzierung erreicht wird. Der Ort wird somit zu einem integralen Bestandteil seiner Arbeiten. In seinen Atelierarbeiten sind es die Materialien die in Wechselwirkung mit seinen Motiven treten. Rostige Bleche, altes Holz und diverse andere Fundstücke werden von ihm als Bildträger verwendet. ALIAS sammelt diese Materialien an verlassenen Orten und baut sie später in Form von Collagen zusammen.
Facebook: www.facebook.com/4L1A5
Instagram: www.instagram.com/alias030/
Tumblr: http://alias030.tumblr.com/
Jens Andres
Jens Andres, lebt und arbeitet in Karlsruhe.
Seine Kunstwerke fordern den Betrachter, denn auf ironisch-hintersinnige Art und Weise hinterfragt er Selbstverständlichkeiten und zeigt mit wenigen gezielten Eingriffen die Absurditäten und Ungereimtheiten des Alltags auf. Andres studierte Kunstgeschichte in Mainz und parallel dazu freie Kunst u.a. bei Urs Lüthi an der Kunsthochschule Kassel. In Karlsruhe war er bis 2020 auch als Kurator des Kunstraums Neureut tätig; parallel dazu entstanden in Schwetzingen seine inzwischen in den Straßenraum fest integrierten „Ufo-Parkplätze“, die seine spezielle Sicht auf den urbanen Alltag exemplarisch verdeutlichen.
Website: www.jens-andres.de
Thomas Baumgärtel
Thomas Baumgärtel (*1960 in Rheinberg), lebt und arbeitet in Köln
Er ist der „Altmeister“ der deutschen Street Art-Szene; als „Bananensprayer“ machte er sich seit den 1980er Jahren einen Namen. Zwar ist die Banane – inzwischen weltweit ein Signet für interessante Orte – sein Markenzeichen. Sein künstlerisches Schaffen umfasst aber neben Zeichnungen, Druckgrafiken und Fotocollagen auch Übermalungen und Übersprühungen, zudem Aktionskunst, Performance und Happenings. Sabine Reeh (Bayerischer Rundfunk) titulierte ihn als „Robin Hood des Zeitgeistes, der die elitären und kommerzialisierten Strukturen der internationalen Kunstszene bloßlegt.“ Seit 2011 konnte Baumgärtel an zahlreichen Orten in Köln Wandbilder realisieren, 2015 nahm er an der ersten Urban Art Biennale in der Völklinger Hütte teil. Dass die Banane durchaus zeitkritisch verstanden werden kann, macht gerade die „Impfbanane“, entstanden im Corona-Jahr 2021, deutlich.
Website: www.bananensprayer.de
Patrizia Casagranda
Patrizia Casagranda (*1979), Krefeld
Casagranda schloss 2002 ihr Design-Studium in Krefeld ab, besuchte dann Malakademien und arbeitete zunächst als Grafikerin. Seit 2015 ist sie freischaffend als Künstlerin in Deutschland, den Niederlanden und Indien tätig. Aus der Kombination von Collage bzw. Decollage, Malerei, Street Art, Typografie und mit der Verwendung von Schablonen schafft Casagranda ausdrucksstarke Werkserien, die auf ein Thema oder einen Materialitätsaspekt fokussieren. Bewusst setzt sie Alltagsmaterialien ein, die spürbar greifbar sind, über die sie dann ein Punkteraster aus eingefärbter Mörtel-Gips-Mischung legt. Bis zu 15 Schichten sind nötig, um ein Werk entstehen zu lassen, das sich wegen des Rasterbildes bei näherem Hintreten verunklärt. Die Weltreligionen, aber auch die indischen Müllmädchen sind Thema ihrer jüngeren Arbeiten.
Website: www.patriziacasagranda.com
Facebook: www.facebook.com/Patrizia-Casagranda-565324773841185/
Instagram: www.instagram.com/casagrandapatrizia/
Force Majeure
Force Majeure (Alexandra und Volker Wäsch), Hamburg
Hinter dem Künstlernamen „Force Majeure“ verbirgt sich das Designer-Duo Alexandra und Volker Wäsch, die gemeinsame Fotoarbeiten herstellen. Bei ihren Projekten geht es um die Auseinandersetzung mit Material und Form im Kontext von Design, Mode und Zeitgeist. Das Diktum der Beschränkung wird dabei bewusst als Mittel zur Kreation eingesetzt. Inhaltlich drehen sich die Arbeiten um Fragen der Identität und dem Verhältnis des Egos zum umgebenden Raum. Ausschlaggebend ist dabei die Interaktion mit Menschen und dem urbanen Raum innerhalb der Shootings.
KAMELOGANA
KAMELOGANA (Christoph Fuhrken), lebt und arbeitet in Rastede (Ammerland)
In seinen Werken ist immer das Symbol eines Kamels und das einer Blume zu finden. Symbole, die er seit 2003 für den Frieden in der Welt einsetzt, und die sich auf all seinen Werken wiederfinden lassen. Als Stencil-Art Künstler sprüht er seine Bilder an Hausfassaden, auf Straßenschilder oder Holzpaletten. Wie bei seinen frühen Papiercollagen setzt er seine Motive aus unterschiedlichen Bildern zusammen und reduziert die Farben des Entwurfs, um daraus eine Reihe von Schablonen zu schneiden, die deckungsgleich auf den jeweiligen Bildträger übereinandergelegt werden.
Website: www.kamelogana.de
Jeroo
Jeroo (Christoph Ganter, *1980), lebt und arbeitet in Stuttgart
Mit zwölf Jahren begann er zu sprayen, seither hat ihn die Wandmalerei in der Öffentlichkeit nicht mehr losgelassen: Großformatige Bilder, auf denen Pflanzen und Tiere sich ein fröhliches Stelldichein geben, auf denen geometrische Kompositionen zu sehen sind, sind im Großraum Stuttgart mittlerweile an etlichen Stellen zu finden. In den letzten Jahren wurde Jeroo von der Deutschen Bahn beauftragt, Wandarbeiten in Treppenaufgängen zu den Bahnsteigen und Trafohäuschen zu realisieren, aber seine gesprühten Gemälde zieren auch Brückenpfeiler, ein Altenheim, und ein Gymnasium. Mittlerweile ist er weltweit mit seinen Naturfantasien und geometrischen Arbeiten im XXL-Format gefragt.
Instagram: www.instagram.com/jerooone/
SIGN
SIGN (Till Heim, *1977), Landau/Pfalz
Der in Wolfenbüttel geborene und in Wiesbaden aufgewachsene Künstler ist in Landau als Motion-Designer, Graffiti-Künstler und Grafikdesigner tätig. Bereits davor erhielt der studierte Mediendesigner Graffiti-Aufträge. Teilnahmen an Festivals und Ausstellungen machten ihn schon vor 20 Jahren zum Teil der Street Art/Graffiti-Kultur. Seit 1995 ist er unter dem Sprüherpseudonym „Sign“ aktiv, zumeist an legalen öffentlichen Flächen und im Rahmen von Ausstellungen. „Sign“ versteht er dabei sowohl als Lebenszeichen, als auch als wandelbares Bildzeichen, das eine Aussage vermittelt. Mit der Künstlergruppe Via-Grafik erreichte er internationale Bekanntheit und konnte einige Publikationen mit seinen Werken bereichern.
Webseite: www.sign-portfolio.de
Facebook: https://m.facebook.com/Till.Heim.Auftragsgraffiti/
Instagram: www.instagram.com/sign_till_heim
KEF!
KEF! (Simon Röhlen, *1989 bei Aachen), lebt in Berlin
In seinen teils großformatigen (Wand-)Gemälden taucht die Linie als abstraktes, formgebendes Element immer wieder auf. KEF! begann im Alter von 14 Jahren mit Graffiti; im Jahr 2013 zog er nach London, wo er seinen Stil perfektionierte und ein komplexeres Netzwerk ineinandergreifender Linien entwickelte. Inspiriert sowohl durch die Natur, als auch durch den Buddhismus und durch zahlreiche Reisen, reflektiert sein Werk eine beeindruckende Harmonie, die gerade in seinen Wandgemälden hypnotische Wirkung entfaltet. Er verwendet die Elemente der Street Art, wie Sprayfarbe und Marker (früher Aufkleber), und arbeitet oft und gerne auf der Straße. Sein Kunstschaffen hat ihn dabei rund um den Globus zu Street Art Festivals geführt und ihm zahlreiche Aufträge beschert. Dennoch will er nicht als Street Art-Künstler klassifiziert werden, sondern ebenso als abstrakter Designer. Im Mai 2021 realisierte KEF! an einer Brandmauer an der Germaniastraße in Pforzheim sein jüngstes Werk im öffentlichen Außenraum.
Website: www.kefart.com
Instagram: www.instagram.com/kefart
Facebook: www.facebook.com/kefart
Katharina Krenkel
Katharina Krenkel (*1966), Köllerbach/Saarland
Die in Buenos Aires geborene und in Stuttgart aufgewachsene Künstlerin versteht sich als klassische Bildhauerin. Wo aber andere Künstler Hammer und Meißel verwenden, um Holz oder Stein zu bearbeiten, arbeitet sie seit zwei Jahrzehnten mit Häkelnadel und Wolle. In Anlehnung an Claes Oldenburg nennt sie die so entstehenden Arbeiten ebenfalls „Soft Sculptures“. Seit 1994 die ersten Arbeiten entstanden, liegt die Assoziation zu klassischen Häkelsujets auf der Hand – mit diesem Klischee spielt die Künstlerin in ihren Werken. Diese finden sich gerne an Hauswänden, auf Flüssen und in Bäumen. Im vergangenen Jahr installierte sie aus gehäkelten Viren und Bakterien ein „Mikromysterium“, in dem sich das Corona-Virus neben TBC-Bakterium und Cholera-Erreger tummelte.
Simon Pfeffel
Simon Pfeffel (*1985), Pforzheim
Pfeffel studierte an den Kunstakademien Karlsruhe und Stuttgart bei Silvia Bächli, John Bock, Christian Jankowski und Leni Hoffmann. Der heute in Pforzheim lebende Künstler setzt in seinen Performances seinen eigenen Körper, aber auch die Partizipation der Passanten ein, um auf Raumsituationen aufmerksam zu machen und menschliche Interaktion zu ermöglichen. Dabei gibt er während der Performance den aktiven Part und die Kontrolle über die Situation an die Partizipierenden ab. Der Performance-Verlauf und ihr Ergebnis sind dadurch im Vorfeld nicht zu bestimmen.
Website: www.simonpfeffel.com
Van Ray
Van Ray (Carsten van Ray, *1984), Köln
Ende der 1990er Jahre begann van Ray seine Karriere mit dem Sprühen von Graffitis; zwischenzeitlich gilt er als einer der erfolgreichsten deutschen Urban Art-Künstler. Seine Arbeiten zeichnen sich auch durch ihren Untergrund aus: rostige Stahlplatten, Emailleschilder und ausgediente Metallautomaten, aber auch Holzlatten zieht er gerne dazu heran. Seine Werke können als eine Mischung aus Street und Pop Art mit zeitgenössischer Kunst bezeichnet werden, bei der zahlreiche Techniken zum Einsatz kommen. Typisch für seine Arbeitsweise ist die Verwendung von Schablonen, mit denen er Comic-Helden mit ironischen Kommentaren verbindet und auf diese Weise Gesellschaftskritik übt.
Website: www.vanray.de
Instagram: www.instagram.com/vanray_official
Konstantin Silvester Voit
Konstantin Silvester Voit (*1964), lebt und arbeitet in Mannheim und Ludwigshafen/Rhein
1995 gründete Voit in Hamburg die „Malfabrik“, deren Direktor und einziger Angestellter er ist. Damit führt er den Kunstmarkt und seinen Anspruch vor, dem Genie als wichtigem Faktor zur Preisbestimmung zu huldigen sowie immer neue Unikate zu produzieren. Konstantin Voit arbeitet überwiegend mit Schablonen und besitzt mit 10.000 Exemplaren die vermutlich größte Sammlung weltweit. Einerseits versteht er sich als Maler, studierte bei Sigmar Polke in Hamburg, andererseits arbeitet er konzeptuell an immer neuen Werkblöcken und schafft durch die Vervielfältigungsmöglichkeiten der Schablonen preisgünstig „Kunst für alle“. In 25 Jahren entstanden über 2.000 Werke; dabei changiert der Künstler gekonnt zwischen Spraydose (frühe Werkblöcke) und klassischer Pinselmalerei.
Website: www.malfabrik.de
Kwanho Yuh
Kwanho Yuh (*1962 in Seoul/Südkorea), lebt und arbeitet in Hannover.
An das Malereistudium in Korea schlossen sich Studienreisen und das Studium der Fotografie an der FH Hannover an. Zwischen 1999 und 2014 lehrte Yuh mit Unterbrechungen Fotografie sowohl in Deutschland, als auch mit einer Gastprofessur in Südkorea. Ihre Fotoarbeiten zeugen von einem anderen Blick auf die westliche Kultur. Gleichzeitig erzählen sie Geschichten, die vom Leben der Menschen zeugen, denen sie begegnet. Seit 2004 arbeitet sie an der Serie „Seed Bank“, bei der Pflanzensamen als Momentum der Reproduktion, aber auch als Wertschätzung der Natur gegenüber, im Mittelpunkt stehen. Dabei ist die Interaktion mit den Passanten wichtiger Faktor ihrer Fotografien, die sich dann auf die den Samen haltenden Hand fokussiert.
Website: www.kwanhoyuh.de
Zir0
Zir0
Zir0 ist ein Kind der 80er Jahre und stammt aus dem badischen Offenburg. Schon in seiner Jugend, beeinflusst durch Graffiti, entwickelte er früh eine Faszination für die oft sozialkritische aber fast immer pointierte Street Art. Getrieben durch seine immer detaillierteren handgeschnittenen Stencils und dem Hang zur Perfektion beim Sprühen, wechselte er vor einigen Jahren von der Haus- auf die Leinwand. Mit Selbstironie und geschliffenem Humor fand er schnell ein Zuhause in der englischsprachigen Urban Art Szene. Die letzten Jahre bewiesen jedoch, dass seine Werke auch im deutschsprachigen Raum starken Anklang finden.
Website: www.zir0.de
Facebook: www.facebook.com/Zir0.stencil/